Trans-Ocean ehrt herausragende Segelleistungen
Während die einen, wie gerade bei der Vendée Globe, im Regatta- Modus in rund 80 Tagen nonstop um die Welt segeln, nehmen sich andere viel Zeit für diese außergewöhnliche Erfahrung. Mit dem Segelboot die Welt bereisen, bedeutet auch die Schönheit der Natur zu genießen, andere Kulturen kennenzulernen und vielseitige Herausforderungen zu meistern. Einmal im Jahr zeichnet Trans-Ocean, der Verein der Hochseesegler, in Cuxhaven besondere seglerische Leistungen aus. In insgesamt sechs Kategorien wurden die Reisen und Erfolge von zehn Booten und ihren Crews gewürdigt. Dabei waren die Preisträger:innen genauso vielfältig wie ihre Boote: von ambitionierten Regattasegler:innen bis zu gestandenen Abenteurer:innen, Familien und Weltumsegler:innen.
Die bedeutendste Auszeichnung im deutschen Hochseesegeln, der Trans-Ocean Preis für die seglerisch am höchsten einzuschätzende Reise, geht in diesem Jahr an die beiden Chemnitzer Gabriele und Lutz Pestel. Aus der ursprünglich geplanten vierjährigen Weltumsegelung wurde das Projekt Welt(be)segelung, bei dem sie fast 85.000 Seemeilen geloggt haben. Eine herausragende navigatorische Leistung ist dabei die selten gesegelte Pazifikrunde von Australien über Südkorea, Japan, Alaska und zurück in die Südsee. Auch ein Riggverlust in Japan, nach einer Kollision mit einem Fischer, konnte sie nicht stoppen. Im Südpazifik verbrachten sie viereinhalb Jahre zwischen den Marquesas, Australien und Neuseeland. Während Corona umrundeten sie zweimal Neuseeland, das neben Alaska, Vanuatu und Fidschi zu ihren Lieblingsrevieren zählt. Nach über 15 Jahren kreuzten sie im April 2024 mit ihrer SuAn, einer Reinke 13M, vor St. Lucia ihre Kurslinie und durften deshalb auch den Weltumseglerpreis in Empfang nehmen.
Mit dem Weltumseglerpreis wurden noch drei weitere Crews ausgezeichnet. Familie Arnold umrundete mit zwei schulpflichtigen Kindern die Welt. Danach sind sie mit vielen verschiedenen Eindrücken von der Schönheit Patagoniens bis zu negativen Einflüssen wie die bedrückenden Ausmaße der Plastikverschmutzung zurückgekehrt. Udo John hat den Preis für sich und seine Frau Heike entgegengenommen. Beide haben sechs Jahre gemeinsam die Welt erkundet und die unendliche Freiheit genossen. Ulrich Fingscheidt hat sich mit seiner sechsjährigen Weltumsegelung einen Kindheitstraum erfüllt. Während dieser Zeit pflegte er eine Standleitung zu seiner Frau Kirsten nach Deutschland, die ihm den Rücken freigehalten und auf seiner Reise 16-mal besucht hat.
Für sein Lebenswerk wurde der Lübecker Abenteurer Burghard Pieske mit dem Ocean Award ausgezeichnet. Der 80-jährige war schon früh mit dem Hochseevirus infiziert. Bei dem Versuch ein bürgerliches Leben als Lehrer zu führen, fand er nicht seine Erfüllung. Pieske ist ein Abenteurer, Seemann und Pädagoge. Mit seinem Katamaran Shangri-La umrundete er von 1977 bis 1987 die Welt und suchte danach immer neue Herausforderungen. Ob segelnd auf den Spuren der Wikinger nach New York oder im offenen Boot auf dem Pazifik im Kielwasser von Captain Bligh: Es steckte immer auch eine Mission hinter seinen Reisen. Seine größte Mission ist aber das Sozialprojekt Euro-Viking. Unter dem Motto “Segeln statt Saufen, Rudern statt Raufen” vermittelt er sozial ausgegrenzten Jugendlichen an Bord der Wikingerboote Kompetenzen und Anerkennung. Burghard Pieske ist seit seiner ersten Weltumsegelung Vereinsmitglied und bekam dafür an dem Abend auch die Goldene Ehrennadel.
Für den Race Award hatte die Preis-Jury in diesem Jahr die Qual der Wahl. Die vom TO geförderten Offshore Regatta-Segler:innen haben in diesem Jahr viele gute Ergebnisse verbuchen können. Während Hendrik Lenz sich mit Wettfahrten im Mini 6.50 an der französischen Atlantikküste auf die Mini Transat 2025 vorbereitet, feierten Nicolas Manthos und Melwin Fink/Lennart Burke Erfolge in der Class 40. Manthos segelte in seinem ersten Jahr in der neuen Klasse unter anderem bei der Midsummersail im Zweihand-Modus auf Anhieb auf Rang zwei. Melwin Fink und Lennart Burke zeigten bei der Caribbean 600 mit ihrem zweiten Platz ihr Können. Doch allein von der Anzahl ihrer Starts und Ergebnisse führte in diesem Jahr kein Weg an den Race Award-Gewinnern Lina Rixgens und Sverre Reinke vorbei. Als erste Deutsche in der neuen Class 30 belegte das Duo mit ihrer Sun Fast 30 OD unter anderem beim Drheam Cup den zweiten Platz und bei der stark besetzten Doublehanded- Offshore-Weltmeisterschaft für Mixed-Teams den siebten Rang.
Einen Sonderpreis gab es in diesem Jahr für Philipp Hympendahl, der bei einer Solo-Atlantikrunde 8.700 Seemeilen in acht Monaten zurücklegte. Für ihre herausfordernden Reisen wurden die Crews der Segelyachten Anuk, Saphir und Hej Jo mit den Trans-Ocean Medaillen ausgezeichnet. Wolfgang und Claudia Böhm starteten mit dem Eintritt ins Rentenalter auf der Hei Jo zur Weltumsegelung. Über die Karibik, den Panama-Kanal und die Inseln im Südpazifik ging es bis nach Australien. Als Vereinsurgestein durfte sich Wolfgang Böhm zusätzlich – wie Burghard Pieske – über die Goldene Ehrennadel für 45 Jahre Mitgliedschaft freuen. Klaus Nadler und Katrin Trautwein zog es auf ihrer Saphir bis nach Spitzbergen. Bei der Fahrt durch das Eis konnten sie nicht nur eine große Gruppe Belugas beobachten, sondern waren auch erschüttert von dem deutlich sichtbaren Rückzug der Gletscher. Ulrike und Astrid Ewe waren mit ihrer Anuk eineinhalb Jahre zwischen dem Nordmeer und den Kap Verden unterwegs. Mit einer buntgemischten Crew aus über 70 Segelnden zwischen 8 und 74 Jahren besegelten sie unter anderem Island, die Ost- und Westseite Grönlands, die Azoren und die USA. Sie sammelten viele unterschiedliche Eindrücke von den Eisbedingungen im Scoresbysund bis zum Karneval auf den Kap Verden. Hängengeblieben sind für die beiden vor allem das Eis, die Mitternachtssonne und leider auch der Müll in den entlegensten Ecken.
Steigende Mitgliedszahlen „Die Reisen unserer Mitglieder sind immer eine Inspiration und Motivation. Auch wenn die Navigation und die Kommunikation dank der Digitalisierung einfacher geworden sind, so bleiben die Ozeane immer noch ein großes Abenteuer,“ fasst Marcus Warnke, Vorsitzender des TO, den Festabend in den geschichtsträchtigen Hapag-Hallen in Cuxhaven zusammen. „Genau deshalb feiern wir einmal im Jahr diese großartigen Leistungen und die Gemeinschaft aller, die auf dem blauen Wasser unterwegs sind.“
Auch im nächsten Jahr wird die Jury wieder intensiv diskutieren und bewerten müssen, denn Langfahrt bleibt weiter im Aufwind und viele TO-Crews sind auf großen Reisen. Das zeigt sich auch in den Mitgliedszahlen. Der Trans-Ocean hat als einer der weltweit größten Segelvereine auch im Geschäftsjahr 2023/2024 weiter zugelegt. Fast 5.000 Mitglieder hissen den Stander, das ist ein Plus von 5,25 Prozent. Dabei bewertet Marcus Warnke vor allem auch den wachsenden Anteil an jungen Crews besonders positiv. „Der Trans-Ocean macht gerade – wie viele Vereine – eine große Veränderung durch. Wir freuen uns, dass wir mit unseren Seminaren und Losseglertreffen auch immer mehr junge Menschen und Familien ansprechen. Der Kern bleibt die Befähigung und gegenseitige Unterstützung auf langen Törns.“ Ein TO-Mitglied muss darauf bei seiner Weltumsegelung allerdings leider verzichten. Keine Hilfe von außen heißt die Devise für Boris Herrmann.
Alle Preisträger:innen im Überblick:
Trans-Ocean Preis: Gabriele und Dr. Lutz Pestel
Ocean Award: Burghard Pieske – Lübeck
Race Award: Lina Rixgens/Sverre Reinke (Gaia) – Kiel
Weltumseglerpreis:
Gabriele und Dr. Lutz Pestel (SuAn) – Chemnitz
Udo John (Endo 2) – Kattendorf/Kreis Segeberg
Dr. Ulrich Fingscheidt (Easy) – Niendorf/Timmendorfer Strand
Thomas Arnold, Birgit Klauck, Zoë und Leonard Arnold (Kalibu) – Berlin
Trans-Ocean Medaille: Ulrike Ewe, Astrid Ewe (Anuk) – Braunschweig/Berlin
Klaus Nadler, Katrin Trautwein (Saphir) – Tübingen
Wolfgang und Claudia Böhm (Hei Jo) – Berlin
Sonderpreis: Philipp Hympendahl (African Queen) – Düsseldorf